In Wartestellung … Advent

Beide Frauen auf dem Bild sind in Wartestellung. Die ältere Frau links, gestützt auf ihre zwei Krücken, schaut auf die junge Frau. Erkennt man da in ihrem Blick einen winzigen Neid? Oder Sehnsucht? Sehnsucht nach der Jugend, dem schlanken Körper, dem Aussehen der anderen und ihren Flügeln? Die junge Frau scheint die Blicke der älteren nicht zu bemerken. Sie schaut aus dem Fenster. Vielleicht wartet sie auf ihren Auftritt als Engel. Im Gegensatz zur älteren sitzt die engelhafte Frau da wie auf dem Sprung. Es könnte zu kalt sein draußen für ihre leichte Kleidung. Beide Frauen warten. Wir wissen nicht, worauf genau sie warten. Oder wonach sie sich sehnen in ihrer Wartestellung. Engel trifft Mensch, könnte das Bild heißen. Noch ist ein gehöriger Abstand zwischen den beiden. Ob sie überhaupt miteinander ins Gespräch kommen? Viel größer könnte der Abstand zwischen den beiden nicht sein; nicht nur, was den Zwischenraum auf der Couch betrifft. Alt und Jung, beeinträchtigt und beweglich, alltäglich gekleidet und kostümiert. Wie sie so dasitzen und nichts miteinander zu tun haben, liegt doch Sehnsucht in der Luft. Könnte sein, es ist die Sehnsucht nach Dazugehören. Dazugehören ist Heimat. Die Seele will’s heimelig. Jede Seele braucht das, wenigstens ein bisschen. Die größte Sehnsucht jedes Menschen ist es, zu etwas dazuzugehören.
Die einen haben mehr Glück, sitzen gemütlich in geordneten Verhältnissen. Andere sind ruhelos, ziehen umher und suchen sich Wärme, wie immer die aussieht. Heimat ist, wo ich dazugehöre. Wo jemand nicht die Nase rümpft, sondern mich achtet, beachtet. Ohne Vorbehalt. Die Seele will, dass ihr behaglich ist in der Welt. Weil andere sich nicht überheblich geben, sondern zugewandt. Auf Augenhöhe. Die zeigt Gottes Nähe.
So warten die beiden auf der Couch. Sie sitzen nicht entspannt, sondern in einer gewissen Wartestellung. Die andere auf der anderen Seite soll sich der einen zuwenden, könnten beide denken. Wer lebt, will beachtet sein. Will nicht überflüssig und ersetzbar sein, sondern einzig. Einzig ist, wer liebt. Einzig ist, wer geliebt wird. Alles an einem Menschen ist ersetzbar, außer seine Art zu lieben.
Seid niemandem etwas schuldig, außer dass ihr euch untereinander liebt; denn wer den andern liebt, der hat das Gesetz erfüllt.“
Erstaunlich nüchtern schreibt Paulus hier, was ihm das dringendste Anliegen überhaupt ist. Paulus will den Willen Gottes tun und bittet andere, es ihm gleich zu tun. Paulus, als gesetzestreuer Jude aufgewachsen, will immer noch Gesetze erfüllen. Nein, nicht Gesetze, sondern nur das eine, gültige Gesetz, das allein übrig geblieben ist nach den Erzählungen und Worten des Heilands: Liebe ist aller Glaubensgesetze Erfüllung. Mehr Gesetz gibt es nicht. Mehr Erfüllung auch nicht. Bleibt also einander nichts schuldig. Davon wissen die beiden Frauen in Wartestellung vielleicht nichts, außer in ihrem eher unbestimmten Sehnsuchtsgefühl.Dabei wäre es ihnen gerade so einfach mit der Liebe. Nehmen wir an, die jüngere Frau dreht leicht ihren Kopf und sieht die ältere. Schaut sie freundlich an, nicht neugierig. Erkundigt sich nach dem Grund der Krücken. Schon begänne ein Gespräch.  Dann fragt die Ältere, was die Jüngere denn als Engel vorhat. Die Jüngere erzählt, solange sie noch Zeit hat vor ihrem vermutlichen Auftritt. Beide achten darauf, dass nicht nur sie selbst, sondern auch die jeweils andere zu Wort kommt. Denn in ihren Worten und kurzen Geschichten kommen sie einander näher, hören, also gehören sich für ein paar Augenblicke. Gehören einander, gehören zueinander. Kann Liebe einfacher sein? Und schöner? Dann muss eine von beiden gehen, vermutlich die Jüngere. Beide haben sich aneinander erfreut und sind sich nichts schuldig geblieben. Auch die Liebe nicht. Für ein paar Augenblicke waren sie beieinander zu Hause. Waren ein bisschen heimelig zueinander. Wieder ertragen sie ihre Welt, wie sie ist. Weil sie gespürt haben, dass sie auch anders sein kann.

(foto werkstatt_1609 text fm nach buhv.dat)

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