Wo zum guten Klang das treffende Konzept kommt

Der Windsbacher Knabenchor mit Salaputia Brass führten in Ansbach in der Gumbertuskirche ihr  A-capella-Weihnachtsprogramm auf.
Die Zeitung berichtete:

ANSBACH – Natürlich ist am An­fang klanglich schon alles klar. Das diesjährige A-cappella-Weihnachts-programm des Windsbacher Kna­benchores ist etwas für Liebhaber des unangetasteten Chorklanges. Dass es auch etwas für Zuhörer ist, die die Kunst des verstehenden Se­hens beherrschen, erweist sich erst später.

Der Chor betreibt hier Perspektiv­wechsel klanglicher Art. Am Anfang und am Ende etwa stellt sich ein Teil in den Seitengängen auf und singt Richtung Kirchenschiff, während die übrigen Sänger wie üblich im Chor­raum bleiben. Der Klang wird voll­flächig, dreidimensional und wer ganz viel Glück hat, der sitzt nur ein, zwei Meter vom nächsten Sänger entfernt und erlebt einen besonde­ren Ohrenkitzel. Solche und andere Konstellationen gibt es zuhauf. Das ist mehr als ein Einfall oder ei­ne weitere Variante zu musizieren, es geht auch um den Inhalt. Lehmann geht weiter und kommt einem da­durch näher. Mit fortschreitender Zeit wird es klarer.

Zweiter Akteur des Programms‘ ist das Blechbl
äserensemble Salaputia Brass. Neben einer Reihe von per­sönlichen Kontakten gibt es eine Sa­che, die beide besonders verbindet: Sie durften bereits den Staatsober­häuptern beziehungsweise der Re­gierungschefin als musikalische Botschafter Deutschlands im Aus­land wirken: die Windsbacher mit Richard von Weizsäcker 2006 in Oslo und später mit Roman Herzog, Sala­putia Brass mit Angela Merkel 2009 in Washington. Das Konzertprogramm selbst ist kleinteilig, vielfältig und klanglich außergewöhnlich facettenreich. Es folgt weder einer chronologischen noch einer stilistischen Form. Für praktisch jede Erwartung ist etwas dabei, und die Zahl der Überra­schungen ist groß.

Hier drei subjektive Höhepunkte: Bei „Nun sei willkommen“ zeigt Lei­ter Martin Lehmann, wie man einer ohnehin auf Hochseil-Niveau agie­renden Pianokultur mit einem versetzten Stimmgruppeneinsatz noch eine Finesse beibringen kann. Das Kyrie kommt aus dem Nichts und fä­chert sich auf wie eine Erscheinung. Für „Es ist ein Ros entsprungen“ holt er noch weiter aus. So unmerklich wie einen Lufthauch baut der Chor summend weite, nicht zu fassende Harmonien auf, während eine Chor­auswahl von der Empore schräg da­rüber in einer Zeitlupenfassung den Text singt, der sich entblätternd of­fenbart oder sich wie Schrift vor ei­nem Harmonie-Papier abhebt.

„Ich steh an deiner Krippen hier“ in einem Satz von Johann Eccard klingt, als wäre es eine Lautmalerei gewordene Krippenszene. Zur Zeile „Ich lag in tiefster Todesnacht“ fällt der Chor in ein geschlossenes, dunk­les Pianissimo, in den Sopran und Alt Lichtstrahlen hinein senden und so die im Text beschriebene Sonne der Gotteserkenntnis vollführen.

Salaputia Brass in der Quintett-Besetzung füllt den weiten Raum von St. Gumbertus mühelos. Auch hier drei subjektive Höhepunkte: Schon das Vorspiel zu „Macht hoch die Tür“ zeigt einen überwiegend gedeckten und fast schon entrückten Ton, der auch an der Position der Bläser liegt,

deren Trichter kaum direkten Schall an die Zuhörer senden. In alle Rich­tungen und von allen Seiten zurück kommt der Klang, der sich sanft und reich wie ein edles Tuch ausbreitet. Er ist voluminös, makellos und ge­schmackvoll dosiert wie in einer se­ligen Erinnerung.

Behände eingesetzte Farbigkeit bei „The 12 Days of Christmas“: vor das dunkle Tiefblech-Fundament sind funkelnde Trompete-Sterne ge­tupft. „Jingle Beils / Deck the Hall“ ist so typisch amerikanisch arran­giert, dass es der Soundtrack für die Schlussparade   in   einem   Disney-

Trickfilm sein könnte. Schwerer Rösser Tritt gleich stapft die Tuba voran, gedämpfte Trompeten fliegen vorbei als seien es aufgescheuchte Enten und der Schellenklang gleicht Schneefall.

So wie Martin Lehmann bei die­sem Konzert mit dem Raum umgeht, ahmt er die Bewegungen in der viel­fältig besungenen Weihnachtsge­schichte nach: Gruppen machen sich auf, nähern sich dem Zentrum, kom­men zusammen, gehen auseinander, tun ihrer Umgebung davon kund. Und die Windsbacher reihen sich ein.

(foto FLZ Text MARTIN STUMPF)

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