Liebe wohlgesonnene Freunde meiner Kolumne „Zum Nachdenken“ und liebe Kritiker! Vielen Dank, dass Sie immer gern mitgedacht haben. In den letzten 6 Jahren habe ich insgesamt 354 Texte zum Nachdenken an dieser Stelle veröffentlicht. Es war u.a. meine Aufgabe als Referent für Öffentlichkeitsarbeit die Homepage des Dekanats zupflegen. Nach meinem Verständnis von Offenheit und Meinungsfreiheit habe ich neben allgemeinen Texten zum Kirchenjahr und Berichte aus dem Dekanat auch Texte zum Nachdenken geschrieben, die ein Anstoß sein sollten, zum Mitdenken und Weiterdenken. Wenn das so geschah und anstößig war, dann ist das durchaus meine Absicht gewesen. Wie wichtig ist es, dass Menschen sich frei fühlen können zu denken, in sich hineinzuhören, das Leben und die Welt, in der wir leben zu versuchen zu verstehen.
Der Geist der Toleranz soll auch in einer Auseinandersetzung maßgeblich sein. Paulus hat im Korintherbrief geschrieben, dass unser Erkennen immer nur Stückwerk ist, dass wir alles prüfen und das Beste behalten sollen. Jeder bringt seine Erkenntnis ein, man kommt ins Gespräch und im besten Fall, ist das, was der andere sagt, ein Erkenntnisgewinn. Wo man doch zu einer anderen Einsicht kommt, sollte der Geist der Vielfalt herrschen und nicht der Geist einer ängstlichen Angepasstheit, nur nichts Falsches zu sagen…
Wir laden in unseren Kirchen zum Glauben, zum Hoffen und zur Liebe ein. Unser Leben ist ausgerichtet auf Gott. Wenn man von uns blinden Glauben verlangen, von dem was sie sagen, dann sollten wir misstrauisch sein. Alle haben das Recht zu Verstehen und nachzuvollziehen, was uns gesagt wird. Verordnungen müssen angemessen und sachlich gegründet und nachvollziehbar sein. Kritisches Nachfragen bringt weiter.
Keine Regierung darf in einer Art Selbstermächtigung Grundrechte aussetzen oder einschränken. Medien, die uns Politik verstehbar und nachvollziehbar machen sollen, sollen nicht parteilich staats- und regierungskonform agieren, dass kennen wir sonst nur aus Diktaturen. Menschen, die ihre eigene Meinung sich gebildet haben, dürfen nicht diskreditiert werden. Ein offener Diskus sollte in einer Demokratie und auch in der Kirche immer möglich sein. Wir stehen unter der Glaubens- und Gewissensfreiheit, die uns das Grundgesetz zusichert. Wenn Glauben nicht oder nur eingeschränkt möglich ist, dann muss das auch angemessen und nur zeitlich begrenzt sein. Natürlich gibt es die gesundheitliche Fürsorgepflicht für Menschen, mit denen wir zusammenleben. Jeder Mensch hat seelische und religiöse Bedürfnisse, die dürfen nicht unterdrückt werden.
Aber jeder Mensch hat das Recht auf soziale Kontakte und emotionale und körperliche Nähe. Sachlichkeit hilft in jedem Fall und nicht Angst und Panikmache. Es ist erschreckend, wie das Misstrauen und eine emotionale Distanz in dieser Zeit zwischen den Menschen zugenommen haben. Angst und Panik darf nicht das Miteinander prägen. Trotz aller Einschränkungen, denen man sich nicht entziehen kann, muss es möglich bleiben die Freiheit und den Frieden und die Liebe zusammen leben zu können.
Mit diesen Worten möchte ich mich verabschieden, ab Oktober bin ich im Ruhestand. Behüte Sie Gott, bleiben Sie gesund und haben Sie Mut zum Nachdenken, Mitdenken und Weiterdenken. Unser Leben ist uns von Gott geschenkt und einmalig.
Ihr Pfarrer Friedhelm Müller.