Gläubige erleben die Kar– Passionswoche besonders intensiv, durchleben die Leidensstationen Jesu mit. Sie sind mit Jesus voller Freude und Erwartung in Jerusalem eingezogen. Die Mahlfeier am Vorabend zum Passahfest, dann im Dunkel der Nacht Jesu Verhaftung, die Verurteilung und Kreuzigung.
Das Kreuz Jesu vor Augen erkennen wir, wozu Menschen fähig sind, was sie einander antun können. Ist Gottes Antwort auf Hass und Gewalt, Verleumdung und Verrat das stille Erdulden Jesu? Bleibt dann nur noch die Hoffnung, dass es einmal aufhört, dass Menschen einander mit Hassbotschaften beleidigen und verleumden?
So weit ist das Leiden nicht von uns Menschen weg. Im Internet und in Sozialen Netzwerken werden anonym Andersdenkende moralisch abgewertet und mit Vorurteilen auch persönlich bloßgestellt. Man scheut das Gespräch, ist unduldsam fern jeder Toleranz. Aus kritischen Anfragen werden Feindbilder konstruiert, die in der eigenen Gesinnungsblase gepflegt und mit Gleichgesinnten befeuert werden.
Menschen werden ohne Skrupel medial gekreuzigt, man will Recht haben und dann kann der Andere nur Unrecht haben. Aber genau betrachtet, ist das nur der Versuch sich in eigener Selbstgerechtigkeit zu bestätigen.
Sachargumente zählen schon lange nicht mehr. Man hat sich sein Bild von anderen gemacht. Man weiß, wer Feind und wer Freund ist. Man macht sich zum Ankläger, Richter und Vollstrecker in einem. Warum soll man dann im sachlichen Diskurs sich die Mühe machen, den anderen in seiner Andersartigkeit zu verstehen? Tolerant ist man nur mit Menschen, die die eigene Meinung bestätigen.
Mancher fragt sich: In was für einer Welt leben wir? Sollte nicht die Digitalisierung der Demokratie dienlich sein, das Leben erleichtern und zu einem Gewinn für alle werden? Dagegen offenbart sich die dunkle Seite von uns Menschen, die sich anonym hinter Computer und Smartphone feige verstecken und dem Versuch unterliegen durch moralisch politisches Abwerten anderer, den Selbstwert aufzupolieren.
Und Gott weiß es, politisch mediales Mobbing ist weit verbreiteter, als man denkt. Ist da ein Vergleich mit dem Leiden Jesu angebracht und nicht zu weit hergeholt?
Mit falschen Beschuldigungen wurde Jesus zum Tode verurteilt. Pilatus stellte Jesus den gaffenden Menschen öffentlich bloß. Er wurde durch die Stadt getrieben, selbst am Kreuz wurde er verspottet und verhöhnt. Und am Ende fühlten sich die selbst ernannten Korrekten in ihrer Selbstgerechtigkeit bestätigt und meinen noch Gott einen Gefallen getan zu haben.
Jesus sagte: „Was ihr einander antut, das tut ihr mir an.“ Und eines der letzten Worte Jesu am Kreuz: „Vater, vergibt ihnen, sie wissen nicht, was sie tun!“ Wenn wir Menschen immer wissen würden, was wir tun und sagen, und was wir damit anrichten können, würden wir gewiss achtsamer, toleranter, geduldiger und verständnisvoller mit einander umgehen.
(Foto Hans Krenn, Diözese Eisenstadt Text Pfarrer Friedhelm Müller)