Gott ist das Gedächtnis der Welt
Mein Gott, Syrien, muss man seufzen. Jetzt auch und wieder Giftgas. Wo wenig Hoffnung auf Einsicht ist und Mächtige nur ihren Einfluss bewahren, hoffen wir auf Gottes gutes Gedächtnis. Niemand kann sich je aus seiner Verantwortung vor Gott stehlen.
Es gibt kein unbeschwertes Leben. Das wissen viele. Unbeschwert ist nur, wer nicht über Schweres nachdenkt. Über die Karwoche zum Beispiel.
Und über Syrien. Dort ist gerade Karwoche für die Menschen. Eine Karwoche der schlimmsten Art. Nicht nur, dass im Land seit über fünf Jahren viele Gruppen gegeneinander kämpfen. In der vergangenen Woche kam noch Schlimmeres hinzu: Viele Menschen starben oder wurden lebensgefährlich verletzt durch einen Giftgasangriff. Die meisten sehen die Verantwortung dafür beim vielfach verachteten syrischen Staatschef Assad; einige wenige sehen die Verantwortung bei nicht näher genannten „Rebellen“. Wer schuld ist, wird man hoffentlich einmal beweisen und zur Verantwortung ziehen können. Die Anschläge in Ägypten auf koptische Kirchen des IS markieren sie einen Religionskrieg?
Die Karwoche aber bleibt für die Menschen in Syrien. In der schlimmsten Art. Karwoche ist dort seit Jahren. Wir erinnern uns an die zerbombte Stadt Aleppo und daran, dass auch dort niemand Schuld übernahm, sondern alle die Verantwortung jeweils anderen zuschoben.
Syrien ist Beispiel dafür, dass es nicht mehr um einen möglichst friedlichen Ausgleich von Interessen geht, sondern um reinen Machterhalt. Assad hat seine Interessen, Russland unterstützt ihn bedingungslos wegen eigener Interessen; vielleicht auch arabische Herrscher. Die USA sind gegen Assad. Und Rebellen, die einmal das Ende der Diktatur Assads wollten, scheinen nun keine Chance mehr zu haben oder sind untereinander zerstritten. Der „Islamische Staat“ verfolgt noch einmal andere Interessen und mischt sich kämpfend ein. Alle gegen alle um der Macht willen. Menschenopfer sind da uninteressant.
Für Gott aber nicht. Gott ist das Gedächtnis der Welt. Mag sein, dass Diktatoren denken, sie kämen davon. Sie wissen ja um ihre Verbrechen, hoffen auf Vergessen und halten sich nur an der Macht, solange sie gestützt werden. Gott aber ist das Gedächtnis der Welt. Aus der Verantwortung vor Gott stiehlt sich niemand. Besser wäre es, sich darin sicher zu sein, als auf ein Davonkommen zu hoffen.
Jeder wird, schreibt der Apostel Paulus, jeder von uns wird für sich selbst Gott Rechenschaft geben (Römer 14,12). Jeder; jede. Von Pontius Pilatus bis hin zu Assad und den vielen, die beim Bluten des eigenen Volkes ihre Hände in Unschuld waschen. Irret euch nicht! Gott lässt sich nicht spotten (Galater 6,7). Und ob er seine Gnade noch kennt, wenn ihm Menschen gegenüber stehen, die andere wissentlich vergiftet haben, lassen wir dahingestellt.
Bis dahin klagen wir, besonders in der Karwoche, Gott das Leid der Welt. Er möge die Namen derer bewahren, die Opfer wurden – und die der Täter. Bis zum Tag der Rechenschaft bitten wir den um Erbarmen, der die Welt in seinen Händen trägt. Unsere Bitte ist: Unser Gott möge nicht schweigen, wenn seine Ebenbilder leiden.
(foto deutschlandfunk.de text fm nach buhv.de)