„Freude statt Furcht“: Predigt zu Lk 2,1-12 an Heilig Abend 2022

„Freude statt Furcht“
Predigt zu Lk 2,1-12
Heilig Abend, Christvesper, 24. Dezember 2022 St. Johannis, Ansbach

Liebe Gemeinde an Heilig Abend!

Diese Nächte sind die längsten im Jahr. Kaum ist es hell, wird es schon wieder dunkel. Dazu noch die frostige Kälte bis vor einer Woche – und leider jetzt noch in unserer Johanniskirche. Wir sehnen uns nach Licht und nach Wärme.

Heute ist Heiliger Abend und von nun an werden die Tage wieder länger. Wir werden in den nächsten Monaten langsam aber dennoch sehen und erleben, dass nach dem Winter die Natur wiedererwacht, dass Wärme und Licht zurückkehren. Dass das aber nicht nur für die Natur gilt, sondern auch für uns als einzelne Menschen und für diese ganze Welt mit all ihren Nöten und Sorgen – und zwar im übertragenen Sinn, das verheißt uns die Botschaft von Weihnachten. Und diese Botschaft lautet: Gott wird Mensch. Darum ist unsere Welt keine gottverlassene Welt, sondern eine Welt mit Licht und Wärme. Das Kind in der Krippe ist das Zeichen dafür.

So haben wir vorhin den Engel in der Weihnachtsgeschichte gehört: 10 […] Fürchtet euch nicht! Siehe, ich verkündige euch große Freude, die allem Volk widerfahren wird; 11 denn euch ist heute der Heiland geboren, welcher ist Christus, der Herr, in der Stadt Davids. 12 Und das habt zum Zeichen: ihr werdet finden das Kind in Windeln gewickelt und in einer Krippe liegen.

Das Zeichen der wieder länger werdenden Tage ist ein natürliches Zeichen. Das Zeichen vom Kind in der Krippe ist dagegen ein Wunder. Ein Wunder, weil hier erstmals ein Kind über dem Kaiser steht. Denn so beginnt die Weihnachtsgeschichte: Es begab sich aber zu der Zeit, dass ein Gebot von dem Kaiser Augustus ausging, dass alle Welt geschätzt würde. Und diese Schätzung war die allererste und geschah zur Zeit, da Quirinius Statthalter in Syrien war.

Da werden die ganz Großen der damaligen Weltgeschichte genannt: Quirinius und noch wichtiger: Augustus. Er war der erste und größte Kaiser des römischen Weltreiches. Deshalb sagt Lukas auch „Kaiser Augustus”. Dem Evangelisten war es wichtig zu zeigen, dass Jesus nicht irgendwo und irgendwann geboren wurde, sondern hier an diesem konkreten Ort zu dieser konkreten Zeit: im römischen Reich zur Zeit des Kaisers Augustus. Lukas stellt damit das Kind in der Krippe in eine Reihe mit den Mächtigen der damaligen Welt. Mehr noch: die Mächtigen der damaligen Welt müssen als Rahmenfiguren herhalten für das Kind in der Krippe wie in einem Krippenspiel. Die Machtverhältnisse auf dieser Welt werden neu eingenordet. Kind kommt vor Kaiser.

Deshalb wird die Zeit aller Kaiser dieser Welt einmal enden. Und all die Autokraten und Gewaltherrscher, ob sie in Russland oder China oder sonst wo ihr Unwesen treiben: sie sind angezählt. Wenn heute die Botschaft der Heiligen Nacht um die Welt geht, können sich die Tyrannen dieser Erde die Ohren gar nicht fest genug zuhalten, um es nicht doch hören zu müssen: Kind kommt vor Kaiser.

An den selbstherrlichen Kaiser Augustus, der sich zu Lebzeiten schon wie Gott verehren ließ und mit seinem Geburtstag eine neue Zeitrechnung beginnen lassen wollte, erinnern wir uns nur deshalb, weil er in der Weihnachtsgeschichte kurz auftreten darf. Und die neue Zeitrechnung orientiert sich am Kind in der Krippe – und nicht am Kaiser. Das habt zum Zeichen.

Die Botschaft an diesem Heiligen Abend lautet daher: die Autokraten und Gewaltherrscher auf dieser Welt, mögen sie sich auch noch so aufmandeln, sie werden nicht triumphieren. Heribert Prantl beschreibt im Leitartikel der Süddeutschen Zeitung für diesen Heilig Abend den Kern der Weihnachtsgeschichte so: „Die Todesmächte sind schier überwältigend. Aber sie werden nicht triumphieren.“ i) Die Freiheit und die Gerechtigkeit werden die Oberhand behalten.

Aber auch wir, die kleinen Leute, die nicht an den großen Hebeln sitzen, kommen in der Weihnachtsgeschichte vor. Ihr werdet finden das Kind in Windeln gewickelt und in einer Krippe liegen. Wir hören von der Geburt eines Kindes unter sehr einfachen Bedingungen. Für den Erzähler Lukas war das Alltag. Und genau deshalb steht das für das andere große Wunder von Weihnachten. Gott wählt für sein Kommen in unsere Welt das Alltägliche aus. Hier im Alltag der Geburt eines Kindes wandert Gott in die Geschichte dieser Welt ein. Näher als die Geschichte der ganz Großen ist Gott unsere Alltagsgeschichte: meine und deine. Der Gott, der sich als Kind in einer Krippe seiner Welt präsentiert, vergisst keinen in dessen Alltagswirren, nimmt dich und mich wahr. Er ist an meiner Seite in meinem Alltag. Er hört mein Gebet in der Kirche genauso wie den Seufzer in Situationen der Verzweiflung. Gott ist uns so nah, dass er näher nicht sein könnte.

Auch wenn es uns vielleicht manchmal so vorkommen mag, diese Welt ist nicht von Gott verlassen. Und mit der Welt auch nicht die Kirche. Die Verzagtheit, die Weltuntergangsstimmung, die es zurzeit leider auch in unserer Kirche mit Blick auf Austrittszahlen und Kirchenkritik gibt, sie ist nicht angebracht und macht die Rechnung ohne den Wirt. ii)

Gott wird Mensch. Das lässt Gott ganz nah zu uns kommen. Aber umgekehrt lässt es uns Menschen auch nah an Gott herankommen. Die Menschheit hat ja gegenwärtig keinen besonders guten Ruf. Und das hat Gründe. Gute Gründe. Der Klimawandel ist zum Beispiel einer. Und es gäbe noch einige hinzuzufügen. Aber wenn Gott schon Mensch werden wollte, dann ist der Mensch vielleicht ja besser als sein Ruf. Wie viele geniale Entdeckungen und Erfindungen von Menschen haben diese Welt zu einem besseren Ort gemacht. Während der Corona-Pandemie war es die Entwicklung neuartiger Impfstoffe, die wohl unsägliches Leid abgewendet haben und uns die Pandemie langsam in den Griff bekommen lässt.

Daher bin ich zuversichtlich, dass es der Menschheit gelingen wird, den Klimawandel aufzuhalten. Der ungewollte Umstand, dass uns das billige Erdgas unerwartet abgedreht wurde, wird einen Innovationsschub für klimafreundliche Technik nach sich ziehen. Unser Co-Predi- ger des heutigen Abends, Heribert Prantl, sagt es so: Dass Gott Mensch wird, heißt, dass der Mensch „dem Menschen das höchste Wesen“ ist. iii)

Fürchtet euch nicht! Siehe, ich verkündige euch große Freude, die allem Volk widerfahren wird. So sagt es der Engel in der Heiligen Nacht zu den Hirten. Und so wird es heute Nacht uns gesagt. Und das Kind in der Krippe haben wir zum Zeichen, dass das stimmt.

Mit diesem Zeichen im Herz und im Kopf können wir fröhlich und guten Mutes in unsere Weihnachtsstuben zurückkehren. Und nach den Feiertagen ebenso fröhlich und guten Muts unser Tagewerk wiederaufnehmen. Es ist doch so: Wie vieles fügt Gott gut in unserem Leben. Wie oft sind wir ganz und gar nicht gottverlassen, weil Gott gegenwärtig ist. Kann es sein, dass wir solche Erfahrungen der Gottesgegenwart immer zu schnell vergessen? Wie wäre es mit dem Führen eines Gott-hat-es-gut-gefügt-Tagebuches? Ob das ein Vorsatz für das neue Jahr werden könnte?

10 […] Fürchtet euch nicht! Siehe, ich verkündige euch große Freude, die allem Volk widerfahren wird; 11 denn euch ist heute der Heiland geboren, welcher ist Christus, der Herr, in der Stadt Davids. 12 Und das habt zum Zeichen: ihr werdet finden das Kind in Windeln gewickelt und in einer Krippe liegen.

i) Süddeutsche Zeitung vom 24.12.2022, S. 4.
ii) Heribert Prantl schreibt im genannten Leitartikel: „Die Meinung, dass Weihnachten auch ohne die Erzählung von Kind in der Krippe funktioniert, wird dieses Jahr besonders süffig vorgetragen. Die Verachtung des religiösen Kerns des Festes mag eine Facette jener innigen und grimmigen Kirchen- und Religionsverachtung sein, die auch zu Weihnachten nicht bereit ist, Konzessionen zu machen.“ Solche Erwiderungen auf die oft wohlfeile und häufig ungerechtfertigte „Kirchen- und Religionsverachtung“ unserer Tage, könnte durchaus auch aus kirchenleitenden Mündern kommen.
iii) Süddeutsche Zeitung vom 24.12.2022, S. 4.

Dr. Matthias Büttner
Dekan

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