Dekan Dr. Matthias Büttner

„Hoffnung“ | Predigt zum 3. Sonntag im Advent, 15. Dezember 2024 in Wernsbach bei Ansbach

„Hoffnung“
Predigt zu Römer 15,4-7.13
3 Sonntag im Advent, 15. Dezember 2024
Wernsbach bei Ansbach

Liebe Gemeinde,

vor kurzem fand auf Schloss Elmau am Fuße des Wettersteingebirges ein hochkarätig besetztes Symposion statt zum Thema „Demokratie in Zeiten der Krise“. Es ging darum, irgendwie den Schleier der Ratlosigkeit zu lüften, der momentan den liberalen und demokratischen Teil der Welt umgibt.i Man hat ja den Eindruck, den Bösewichtern auf dieser Welt kann nicht Einhalt geboten werden: in Russland, in China und im Iran. Nun ist zwar vor ein paar Tagen immerhin der Bösewicht Assad aus Syrien vertrieben worden. Allerdings ist noch ungewiss, ob ihm Besseres nachfolgt.

Die Welt in dieser Adventszeit 2024 ist eine in Angst und Hoffnungslosigkeit müde gewordene Welt. Es ist schon merkwürdig: Ob linke Klimaaktivisten oder rechte Demokratiefeinde, in einem sind sich alle einig, nämlich dass es keine Hoffnung mehr gibt. Kann es da Zufall sein, dass im Juni dieses Jahres der Theologe Jürgen Moltmann gestorben es, der seinerzeit große Aufmerksamkeit erweckte mit seiner „Theologie der Hoffnung“?ii

Natürlich ist das ein Zufall! Und dass der kleinste gemeinsame Nenner über alle politischen Lager hinweg die Hoffnungslosigkeit sein soll, ist nicht zuletzt den Gesetzen unserer Medienlandschaft geschuldet, wonach eben nur schlechte Nachrichten gute sind, weil sie die entsprechenden Klick-Zahlen bekommen. Als ich Abitur machte, und das ist schon eine ganze Zeit her, war der Slogan „no future“ schick. Computer waren damals so groß wie Einfamilienhäuser, ein Netz gab es nur auf dem Tennisplatz und an soziale Medien war nicht zu denken. Und dennoch konnte man sich in eine vermeintliche Hoffnungslosigkeit hinein hysterisieren.

Und dennoch: was auf Schloss Elmau verhandelt wurde, war ja keine weltfremde akademischen Diskussion. Vertrauenskrise, Energiekrise, Demokratiekrise, Populismus, Inflation, Migration. Die Reihe ließe sich fortsetzen. Die Frage ist jetzt: wie können wir angesichts dieser Herausforderungen dennoch hoffnungsvoll in die Zukunft blicken und die Dinge anpacken, die es anzupacken gilt? In Ellmau klang das so: Wir brauchen eine neue, positive Erzählung. Wer sich immer nur schlechtrede, der fühle sich auch irgendwann schlecht.

Da passt es, dass die beiden bisherigen Predigttexte in dieser Adventszeit wunderbare Trost- und Hoffnungstexte waren. Am ersten Advent hörten wir vom gerechten und sanftmütigen König, der bei uns einzieht. Auf einem Esel reitend statt hoch zu Ross steht dieser König für einen neuen Stil: statt totale Kommerzialisierung Zuwendung zu den Menschen. Die Händler komplimentiert Jesus aus dem Tempel hinaus und heilt sodann Blinde und Lame. Am zweiten Advent hörten wir durch den Propheten Jesaja: Seht, da ist euer Gott. Diese Welt, so wie sie ist, kann um Gottes Willen nicht alles gewesen sein, deshalb: seid getrost und fürchtet euch nicht. So der Prophet.

Unser Predigtwort für diesen dritten Adventssonntag steht am Ende des Römerbriefs. Und dieser ist ein wahres Hoheslied der Hoffnung. Paulus schreibt: 4 Denn was zuvor geschrieben ist, das ist uns zur Lehre geschrieben, damit wir durch Geduld und den Trost der Schrift Hoffnung haben. 5 Der Gott aber der Geduld und des Trostes gebe euch, dass ihr einträchtig gesinnt seid untereinander, wie es Christus Jesus entspricht, 6 damit ihr einmütig mit einem Munde Gott lobt, den Vater unseres Herrn Jesus Christus. 7 Darum nehmt einander an, wie Christus euch angenommen hat zu Gottes Ehre. […] 13 Der Gott der Hoffnung aber erfülle euch mit aller Freude und Frieden im Glauben, dass ihr immer reicher werdet an Hoffnung durch die Kraft des Heiligen Geistes.

Man könnte fast meinen, dass Paulus beim Symposion auf Schloss Elmau mit auf dem Podium saß. Seht, da ist euer Gott der Hoffnung. Paulus sagt, dass wir durch den Trost der Heiligen Schrift Hoffnung haben. Das Lesen in der Heiligen Schrift macht Hoffnung. Und Paulus meint natürlich damit das von uns so genannte Alte Testament. Denn das Neue Testament gab es ja noch gar nicht.

Das Lesen in der Heiligen Schrift macht Hoffnung. Als Jesus auf dem Esel in Jerusalem einzieht, wird dieser Vorgang deswegen zum Hoffnungszeichen, weil beim Propheten Sacharja geschrieben steht: „Du, Tochter Zion, freue dich sehr, und du, Tochter Jerusalem, jauchze! Siehe, dein König kommt zu dir, ein Gerechter und ein Helfer (besser: einer der Hilfe erfahren hat), arm und reitet auf einem Esel, auf einem Füllen der Eselin.“ Das heißt: es gibt also auch ganz andere Könige. Gott selber ist ein solcher ganz anderer König. Und das macht Hoffnung.

Paulus sagt: „Der Gott der Hoffnung erfülle euch mit Freude und Frieden im Glauben. Wie kann das gehen? Der Prophet Jesaja macht es uns am 2. Advent vor. Mit wunderschönen Bildern malt er uns vor Augen, was Gott tun wird und was er auch jetzt schon tun kann: Menschen mit welchem Handicap auch immer werden gesund. Wasser bricht aus der Dürre hervor. Brunnquellen öffnen sich. Wo gefährliche Tiere gelauert haben, erstreckt sich eine herrliche Landschaft. Sattes Grün und Vogelgezwitscher überall. Freude und Wonne ergreift alle Menschen. Denn seht, da ist euer Gott.

Es ist ja so, dass unsere Welt, je mehr wir von ihr wissen, um so wunderbarer wird. Da genügt schon der Blick durch die immer besser werdenden Teleskope, die mittlerweile im Weltall stationiert sind.

Was man da zu sehen bekommt, grenzt an ein Wunder – nein – es ist ein Wunder. Das erste Bild eines schwarzen Loches, das bisher nur Theorie war. Galaxien mitten in ihrer Geburt. Und Sternenkonstellationen gerade einmal 120 Millionen Jahre nach dem Urknall. Der Spiegel schrieb dazu vor ein paar Jahren: Am Anfang schuf Gott Himmel und Erde. So steht es in der Bibel. Und jetzt gibt es dazu Fotos.

Seht! Sagt die Heilige Schrift zu uns. Seht! Der das geschaffen hat, der ist euer Gott. Und jetzt wird es uns schon wärmer um‘s Herz. Denn wenn Gott diese Welt mit all dieser Pracht nach allem, was wir wissen, nur für uns geschaffen hat, dann wird ihm unser blauer Planet auch heute nicht gleichgültig sein. Es gibt genug Gründe, verzagt und voller Furcht zu sein. Aber noch mehr, getrost zu sein und sich nicht zu fürchten. Denn seht, da ist euer Gott. Der Gott der Hoffnung.

Auf dem Hoffnungssymposion auf Schloss Elmau war auch ein Theologe dabei, der Berliner Kirchenhistoriker Christoph Markschies. Vielleicht hat er seinen Podiumskolleginnen und -kollegen abends bei einem Glas Brunello di Montalcino, darunter geht es ja auf einem Schloss wie Elmau nicht, in ein Geheimnis eingeweiht: jeder Gottesdienst, der gefeiert wird, ist ein Hoffnungssymposion. Jedes Adventslied, das wir singen, jede Adventskerze, die wir mit einem „Freue dich sehr, du Tochter Zion“ auf den Lippen anzünden, ist ein Statement für die Hoffnung auf Gott und seine Verheißung in dieser Welt: seid getrost und fürchtet euch nicht. iii

Das jüdische Fest Chanukka fällt in diesem Jahr mit unserem Weihnachtsfest zusammen. Wenn die Juden heuer also die Kerzen am Chanukka-Leuchter entzünden, tun wir das gleiche am Christbaum. Was für ein Zeichen der Hoffnung für unseren Gott der Hoffnung. Ein Zeichen, das gerade heute bitternötig ist. Und es zeigt uns: es gibt Hoffnung.

Der Gott der Hoffnung aber erfülle euch mit aller Freude und Frieden im Glauben, dass ihr immer reicher werdet an Hoffnung durch die Kraft des Heiligen Geistes.


DEKAN DR. MATTHIAS BÜTTNER, ANSBACH

i Vgl. Feuilleton der Süddeutsche Zeitung vom 09.12.2024.
ii ALEXANDER DEEG, GPM 79 (2024), S. 19-21.
iii Ebd., S. 23.

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