Dekan Dr. Matthias Büttner

„Hören ist Leben“ | Predigt 29. Juni 2025 in St. Johannis Ansbach

 „Hören ist Leben“ 
Predigt zu Jes 55,1-3a 
2. Sonntag nach Trinitatis, 29. Juni 2025 
St. Johannis, Ansbach 

Liebe Gemeinde,

 „Wer nicht hören will, muss fühlen.“ Die meisten von uns kennen diesen Satz noch. Wer nicht hört auf das, was zum Beispiel die Eltern sagen, kriegt eine. Wer nicht hören will, muss fühlen: heute ordnen wir das der schwarzen Pädagogik zu. 

Vor Jahren gab es einen Werbeslogan für das Radio. Und der drehte unseren Satz aus der schwar-zen Pädagogik um: „Wer fühlen will, muss hören.“ Also Radio hören. Ein, wie ich meine, klasse Wer-bespruch: Wer fühlen will, muss hören. 

Damit sind wir beim Predigtwort dieses Sonntags. Hier geht es auch darum, zu hören. Wer fühlen will, muss hören. Und noch eins weiter: Wer leben will, muss hören. Hören ist Leben. Und der Pro-phet Jesaja meint: auf Gott hören, ist Leben. 

Hören wir in einem Abschnitt aus dem 55. Kapitel im Buch des Propheten Jesaja: So spricht Gott: 1 Wohlan, alle, die ihr durstig seid, kommt her zum Wasser! Und die ihr kein Geld habt, kommt her, kauft und esst! Kommt her und kauft ohne Geld und umsonst Wein und Milch! 2 Warum zählt ihr Geld dar für das, was kein Brot ist, und sauren Verdienst für das, was nicht satt macht? Hört doch auf mich, so werdet ihr Gutes essen und euch am Köstlichen laben. 3 Neigt eure Ohren her und kommt her zu mir! Höret, so werdet ihr leben! […] 

Wer leben will, muss hören. Wer auf Gott hört, wird leben. Und was lässt uns Jesaja von Gott hö-ren? „Kommt her und kauft ohne Geld – umsonst Wein und Milch“! Wie ist das zu verstehen? Frei-lich nicht so, dass man sich nehmen könne, was man wolle, ohne dafür zu bezahlen. 

Besuch bei Gefangenen in der Justizvollzugsanstalt in Würzburg. Anfang der 1990er Jahre führte der Direktor des Würzburger Gefängnisses mich als jungen Pfarrer durch die Strafanstalt. Wir gin-gen in eine Zelle mit etwa zehn jungen Männern aus Südosteuropa. Der Fall des Eisernen Vorhang lag wenige Jahre zurück. Die jungen Männer aus Bulgarien und Rumänien mussten sich angesichts der Kaufhäuser in Würzburg wie im Schlaraffenland vorgekommen sein. Und dann, so erzählte mir der Gefängnisdirektor, sahen sie am Eingang des Einkaufszentrums „Wertkauf“ in Würzburg eine Menge Videorekorder aufgestapelt und darüber war zu lesen „Greifen Sie zu!“. Die jungen Männer glaubten tatsächlich, das wörtlich nehmen zu können. „Kommt her und kauft ohne Geld.“ Und nun fanden sie sich im Gefängnis wieder und hatten ihre Lektion gelernt, dass man nicht einfach zu-greifen darf, selbst wenn es so dasteht. 

Auch Jesaja fordert nicht im Namen Gottes dazu auf, sich zu nehmen, ohne dafür zu bezahlen. Es ist eine gezielte Übertreibung, die uns ins Nachdenken bringen soll. Ins Nachdenken, ob die Dinge, die wir für Geld erwerben, das tatsächlich wert sind. Ins Nachdenken darüber, worum es eigentlich im Leben geht. Ins Nachdenken darüber, dass die eigentlichen Dinge im Leben am Ende gar nicht zu kaufen sind. 

Solche Nachdenklichkeit wird momentan einem Stresstest unterworfen. Vor allem männliche, pro-minente Egos übertrumpfen sich gegenwärtig mit ihrem Vermögen. Ihre unmissverständliche Bot-schaft ist, dass es totaly und completly, also um nichts anderes als ums Geld und um den Besitz geht. Mehr Reichtum, mehr Macht. Das ist die simple Gleichung dieser Männer. Jeff Bezos, den wir mit unseren Bestellungen bei Amazon alle reich gemacht haben, fährt demnächst in Venedig mit seiner 200-Meter-Yacht samt Begleitschiffen vor, um dort, zum großen Ärger vieler Venezianer, drei Tage lang zu heiraten. Und als wenn es den Klimawandel nicht gäbe, reist die Hochzeitsgesell-schaft in 90 Privatjets an. Donald Trump, dem Anstand gemäß dem Motto „Das macht man nicht!“ zu Kinderzeiten nie beigebracht wurde, lässt sich von Ölmultis einen Jumbo-Jet schenken und kommt nicht einmal auf die Idee, dass das unangebracht wäre. Und Elon Musk denkt vor lauter Geld, das er gar nicht ausgeben kann, gleich über die Auswanderung auf den Mars nach. Vorher meint er aber noch, sich die Entlassung von tausenden von Regierungsmitarbeitern erlauben zu können. 

Der ehemalige Siemens-Chef Joe Kaeser warnte dieser Tage in einem Interview in der Fränkischen Landeszeitung vor diesen Milliardären, die meinen, machen zu können, was sie wollen. Es war ein Durchbruch in Richtung Rechtsstaat als König Friedrich II. von Preußen, genannt der „Alte Fritz“, verkündete, dass auch er nicht über dem Gesetz stünde. Hinter diesen Durchbruch wollen die Tech-Milliardäre offenbar wieder zurück. Und zwar mit vollem Ernst. Und das ist gefährlich. 

Was können wir tun? Die Fahne hochhalten, dass sich die eigentlichen Dinge im Leben nicht kaufen lassen. Und dafür gilt es zu hören, zu hören auf Gottes Stimme. Höret, so werdet ihr leben, sagt Je-saja. Und er meint es ernst. Hört auf Gott. Und nicht auf das Gebrüll bei X oder Truth Social. Wer leben will, muss hören. Die Stimme Gottes hat einen verbindlichen und freundlichen Ton: Kommt her zu mir alle, die ihr mühselig und beladen seid. Fürchte dich nicht. Von allen Seiten umgebe ich dich und halte meine Hand über dir. 

In diesem Jahr haben wir vielerorts der 80 Jahre danach gedacht. Vor 80 Jahren endete der Zweite Weltkrieg mit dem totalen Zusammenbruch, mit über 60 Millionen Toten, mit unzählig vielen Ver-triebenen und Traumatisierten. Meine Großmutter nannte dies die Stunde null. Und was führte dazu? Das Gebrüll eines Mannes, der nur Hass kannte. Hass gegen „die“ Juden. Hass, weil „wir“ gegen „die“ sein müssten. Das Gebrüll dieses Mannes wurde zum Gebrüll vieler, die sich in eine na-tionalistische Wahnvorstellung hineinsteigerten. So schnell kann es gehen auf dem Weg ins Verder-ben. 

Wer leben will, muss hören. Auf Gottes verbindliche wie freundliche Stimme hören. Unsere Auf-gabe als Christenmenschen heute ist, diese Stimme Gottes aus den Worten der Bibel heraus hör-bar zu machen. Und dabei keinesfalls in Brüllen zu verfallen und in ein Wir gegen die. „Barmherzig ist der Herr, geduldig und von großer Güte.“ Die großartige Margot Friedländer, eine der letzten Ho-locaust-Überlebenden, hat noch kurz vor ihrem Tod mit über hundert Jahren daran erinnert, dass durch die Adern aller Menschen das gleiche Blut fließt. 

Glaube ist Leben. Wer leben will – gerade in unserer Zeit, muss glauben. Und wer glauben will, muss hören. Hören auf Gott. 

Wer nicht hören will, muss fühlen? Nein. Wer fühlen will, muss hören. Wir sollen Gott lieben und unseren Nächsten. Und darum hören wir auf Gott. Und hören ebenso auf unseren Nächsten. 


DEKAN DR. MATTHIAS BÜTTNER, ANSBACH

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