Dekan Dr. Matthias Büttner

„Gott kommt zurück“ | Predigt zum Ewigkeitssonntag, 24. November 2024 in St. Johannis (Ansbach)

„Gott kommt zurück“
Predigt zu Ps 126
Ewigkeitssonntag, 24. November 2024
St. Johannis, Ansbach

1 Als der HERR wandte Zions Geschick, waren wir wie Träumende. 2 Da war unser Mund voll Lachen und unsere Zunge voll Jubel. Da sprach man unter den Nationen: Der HERR hat Großes an ihnen getan. 3 Großes hat der HERR an uns getan, wir waren voll Freude. 4 Wende, HERR, unser Geschick, versiegten Bächen im Südland gleich. 5 Die mit Tränen säen, werden mit Jubel ernten. 6 Weinend geht hin, der den Saatbeutel trägt, doch mit Jubel kommt heim, der seine Garben trägt.

Liebe Gemeinde!

Wann kommt Gott zurück? Das ist die Frage, die unser Psalm stellt. Und das ist auch die Frage, die sich vielen von uns heute am Ewigkeitssonntag stellt. Wann kommt Gott zurück in mein Leben nach dem Verlust eines mir wichtigen Menschen? Wann kommt Gott zurück in mein Leben und bringt das gute Leben wieder zurück?

Wann kommt Gott zurück? Diese Frage setzt aber voraus, dass Gott schon da war. Nicht in dem Sinn wie bei einem Besuch am Sonntagnachmittag. Aber doch so, dass ich Gottes Nähe in meinem Leben spüren konnte, ihn als den liebenden Vater erleben konnte. Er war also schon einmal nah bei mir. Deshalb beginnt so unser Psalm: Als der HERR wandte Zions Geschick, waren wir wie Träumende.

Vielleicht wundert sich der eine oder die andere von Ihnen über diese Worte. Hatten wir vorhin im Eingangslied und im Introitus, dem vertonten Psalm 126, nicht gesungen: „Wenn der Herr die Gefangenen Zions erlösen wird, so werden wir sein wie die Träumenden“? Tatsächlich hat so Martin Luther übersetzt.

Aber der hebräische Text ist hier nicht eindeutig. Die zwei Jahrhunderte vor Christi Geburt angefertigte Übersetzung des Alten Testaments in die griechische, damals Weltsprache, hatte auch schon von den „Gefangenen Zions“ gesprochen. Und Luther hat sich bei seiner Übersetzung dieses Psalms davon inspirieren lassen, und diese Übersetzung ist theoretisch auch möglich. Aber die hebräische Formulierung an dieser Stelle lässt eher auf ein Wort schließen, das dann auch in Vers 4 Verwendung findet: Wende, Herr, unser Geschick. Dann muss es in Vers 1 heißen: Als der Herr wandte Zions Geschick.

Das will nämlich der Psalm den Betern seiner Zeit ans Herz legen: Gott hat schon einmal die Geschicke Jerusalems zum Guten gewandt. Also kann er es auch wieder tun! Zion ist der Name des Berges, auf dem Jerusalem gebaut ist, und wird synonym für Jerusalem benutzt. Großes hat der HERR an uns getan, wir waren voll Freude. So fährt der Psalm dann fort. Was Gott getan hat, erfahren wir nicht. Es dürfte aber der Wiederaufbau Jerusalems gemeint sein nach der Zerstörung durch die Babylonier und die Rückkehr der Israeliten aus dem Exil. Mit dem Perserkönig Kyrus geschah tatsächlich diese Zeitenwende, mit der niemand gerechnet hatte. Nachdem das alte Israel unter der Knute Babylons komplett darnieder lag, sorgte Kyrus dafür, dass das Volk Israel als religiöse Gemeinschaft samt neuerbautem Tempel wiedererstehen konnte. Das war wie ein Wunder, an das nach der totalen Zerstörung wohl niemand mehr geglaubt hatte.

An dieses Wunder erinnert der Psalm. Und er schließt daraus, dass die Frage nicht ist, ob Gott zurückkommt, sondern nur wann. Es ist also eine Frage der Zeit, bis Gott auch unser Geschick zum Besseren wenden wird. Es ist nur eine Frage der Zeit. So sagt es uns der Psalm.

Gott hat also schon einmal die Geschicke Jerusalems zum Guten gewandt. Warum sollte er das nicht noch einmal tun? Das ist die Glaubenslogik unseres Psalms. Es geht um einen Rückblick auf Zeiten, in denen Gott schon einmal die Not gewendet hat. Unser Psalm führt uns von der Angst zur Zuversicht, vom Weinen zum Lachen, von der Traurigkeit zur Freude.

Freude wird heute am Ewigkeitssonntag eher nicht die vorherrschende Gemütslage sein. Aber Gott wird zurückkommen in mein Leben mit seinem Leben. Das sind dann Momente, in denen ich mich wieder über etwas freuen kann; in denen ich merke, wie mir etwas guttut; in denen in der Erinnerung an das Verlorene auch Raum für das Schöne ist.i

Viele von Ihnen haben in diesem zu Ende gehenden Kirchenjahr erleben müssen, dass ein nahestehender Mensch gestorben ist. Er ist von uns gegangen, wie man auch sagt. Aber hinter dieser wohlklingenden Formulierung steckt eine tiefe Glaubensgewissheit. Wenn ein Mensch von uns geht, dann ist er eben nicht weg; er ist woanders. Wenn wir im übertragenen Sinn von einem verstorbenen Menschen sagen, dass er von uns gegangen ist, dann geben wir unserem Glauben Ausdruck, dass dieser Mensch nun bei Gott geborgen ist.

Wir haben jetzt Ende November. So langsam steuern wir auf den kürzesten Tag mit der längsten Nacht im Jahr zu. Dass es im Jahr nicht nur die helle Jahreszeit gibt mit grünen Wiesen und Vogelgezwitscher und warmen Sonnenstrahlen, ist vielleicht wie ein mentales Trainingsprogramm, um auch mit dem Dunklen in unserem Leben umgehen zu können. Aber über allem Dunklen steht die Gewissheit: Weil Gott schon einmal die Geschicke Jerusalems zum Guten gewandt hat, wird er es wieder tun. Das ist so sicher wie, dass nach einem Winter ein neuer Frühling kommt.

In genau einem Monat ist Heiliger Abend. Wir feiern die Geburt Jesu, das Kommen Gottes in unsere Welt. Niemand hatte aufgeschrieben, in welchem Monat und an welchem Tag Jesus geboren worden ist. Es berichten nur zwei der vier Evangelien überhaupt von der Geburt Jesu. Aber ein Geburtsdatum verraten auch sie nicht. Daher spielte im frühen Christentum die Feier der Geburt Jesu keine Rolle. Das änderte sich erst

mit dem dritten nachchristlichen Jahrhundert. Und so war es nahezu kongenial die Geburt Jesu am kürzesten und damit dunkelsten Tag des Jahres zu feiern. Zum Zeichen, dass Gott auch das dunkelste Dunkel wieder in Licht verwandelt. Oder wie es in unsere Epistel heißt, dass Gott abwischen wird alle Tränen.

Der große Rockstar Bruce Springsteen ist jetzt 75 Jahre alt geworden. Springsteen ist ein tiefgläubiger Mensch. Das merkt man auch seinen Konzerten an, von denen er sagt, sie seien Gottesdienste, denen er beiwohnt und die er zugleich hält. Theologisches ist immer dabei und nicht selten schließt Springsteen mit einem Vaterunser. Im Januar dieses Jahres ist seine Mutter mit 98 Jahren gestorben. Sie war es, die ihm, dem 16.-Jährigen, heimlich eine Gitarre kaufte, seine erste Gitarre. In einem Interview sagte Springsteen kürzlich: „In den finstersten Momenten unseres Lebens vergessen wir gelegentlich, dass es immer einen Ausweg gibt. Finden wir diesen Ausweg, gelangen wir an einen Ort, der möglicherweise noch immer düster ist, aber zumindest schon mal eine Spur heller. Und dort findet sich dann ein weiterer Weg, den wir nehmen können, wieder ein Stückchen weiter ins Licht.“ Und er schließt: „Das Gute ist, dass es noch Hoffnung gibt“ii

Gott hat also schon einmal unsere Geschicke zum Guten gewandt. Das sagt uns unser Psalm. Und Gott wird es wieder tun.


DEKAN DR. MATTHIAS BÜTTNER, ANSBACH

i Nach Impulsen von CHRISTINA COSTANZA, GPM 78 (2024), S. 511.
ii Interview, Süddeutsche Magazin, 22.11.2024, S. 15.

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